Dirigent und Folklorist Leopold Yashchenko verstorben

In seiner Geburtsstadt Kyiv ist heute im Alter von 87 Jahren der Musikwissenschaftler, Folklorist und Dirigent Leopold Yashchenko verstorben. Yashchenko war am 2. Juni 1928 geboren und beendete 1949 die staatliche Musikschule in Kyiv. Im Jahr 1954 beendete er die geschichtstheoretische Fakultät des Kyiver Konservatoriums. Drei Jahre später schloss er auch die Aspirantur des Instituts für Kunstwissenschaften, Folkloristik und Ethnografie ab. Nachdem er 1961 seine Dissertation zum Thema „Mehrstimmigkeit in der ukrainischen Folklore“ veröffentlicht hatte, wurde er Mitarbeiter der Folkloristischen Fakultät des selben Instituts. 1968 erhielt er, wegen seiner Unterschrift unter einem Protestbrief an das ZK seine Kündigung. Die ukrainische Gemeinschaft hatte zu einem Ende der Prozesse vor allem gegen die ukrainischen Mitglieder der so genannten Shistdesyatnyky aufgerufen.

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Yashchenko mit einer ukrainischen Flöte, der Sopilka, in der Kyiver Metro.

1969 gründete Yashchenko schließlich den Folklorechor Homin, dessen Ziel die Wiederbelebung ukrainischer Tradition und Folklore im sowjetisierten Kyiv war. So sang der Chor vor allem Kolyadky, Shchedrivky, Vesnyanky und Kupala-Lieder. Liedgut, dass teils noch in vorchristliche Zeiten reichte. Doch schon 1971 wurde Yashchenko wegen „ideeller Fehler bei der Führung eines Chors“ aus der Komponistengewerkschaft der Ukraine und der UdSSR ausgeschlossen, der Chor wegen „nationalistischer Umtriebe“ aufgelöst. Zunächst fanden sich immer wieder Stellen als Musiklehrer und Kinderchorleiter, doch bald war Yashchenko auf die Stelle als Maler in einer Baubrigade angewiesen. Erst 1984 fand er erneut eine Anstellung beim „Club folkloristischer Lieder“, bei dem er schon bald einen neuen Chor gründete. Zunächst wurde der Chor dem Kulturhaus seines früheren Baubetriebs zugeschrieben, bis er 1988 dessen alten Namen „Homin“ wieder erhielt. Die Komponistengewerkschaft der Ukraine nahm Yashchenko 1989 wieder in ihre Reihen auf, und noch im selben führte er mit seinem Chor zum ersten Mal in der Öffentlichkeit die Hymne der Ukraine auf.

Nach der Unabhängigkeit der Ukraine gründete er einen Verein zur Förderung ukrainischer Volkslieder, dem er sowohl seinen Chor als auch weitere von ihm geleitete Ensemble unterstellte. Insgesamt verfügte er mit seinen Sängern über ein Repertoire von über 600 Liedern zu verschiedenen Anlässen und aus unterschiedlichen Epochen der ukrainischen Geschichte. Mit Leopold Yashchenkos Tod hat die Ukraine, so kurz nach Anatoliy Avdiyevskyi, einen weiteren Hüter und Förderer ihrer Kultur verloren.

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