Dirigent Anatoliy Avdiyevskyi verstorben

Gestern, am 24. März 2016, ist der bedeutende ukrainische Dirigent, Chorleiter und Komponist Anatoliy Avdiyevskyi mit 82 Jahren in Kyiv verstorben. Er war am 16. August 1933 in Fedvar, heute Pidpisne, in der zentralukrainischen Oblast Kirovohrad zur Welt gekommen und hatte 1958 in Odessa das Musikkonservatorium beendet. Im Anschluss gründete er in Zhytomyr das Polesische Ensemble für Lied und Tanz „Lyonok“, welches er bis 1963 führte, bis er als Dirigent zum Nationalen Ukrainischen Chor in Cherkasy berufen wurde. Zwei Jahre nach dem Tod des Chorleiters Hryhoriy Veryovka wurde er  1966 mit der Leitung dessen Ensembles betraut.

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Anatoliy Avdiyevskyi mit Mitgliedern des Chores „Veryovka“

1943 von Veryovka in Kharkiv gegründet war der Chor schon 1944 nach Kyiv gezogen. Bereits damals gehörten neben Sängern und Orchester auch eine Tanzgruppe zur Besetzung, aber erst Avdiyevskyi wagte es, den Chor um ausgebildete Frauenstimmen zu bereichern. Bis zu seinem Tod hatte der Dirigent das Ensemble geleitet und am 7. März sein 50. Dienstjubiläum gefeiert. Mit Veryovka, der seinen Chor noch zu Stalins Zeiten gegründet hatte, gilt Anatoliy Avdiyevskyi als Konservator der ukrainischen Folklore und Kultur. Den Chor brachte er sowohl durch die Eiszeit unter Brezhnev, der viele ukrainische Dichter und Schriftsteller zum Opfer gefallen waren, als auch durch die chaotischen Zeiten kurz vor und nach der ukrainischen Unabhängigkeit. Heute ist der Chor mit 150 Mitgliedern das größte folkloristische Ensemble der Ukraine und tritt als staatlicher Chor bei zahlreichen Gelegenheiten wie Feiertagen und Gedenkveranstaltungen auf.

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Der Dirigent und sein Chor bei der Amtseinführung Poroshenkos in der Verkhovna Rada

Avdiyevskyi selbst wurde zu Lebzeiten mit zahlreichen sowjetischen und ukrainischen Preisen und Orden geehrt und gehörte der
Nationalen Akademie der Künste sowie der Nationalen Akademie der Wissenschaften an. 2003 erhielt er den Staatsorden „Held der Ukraine“ für seine Verdienste um die ukrainische Kultur. Die Entwicklung der ukrainischen Gesellschaft, insbesondere seit November 2013, nahm er mit Wohlwollen zur Kenntnis und äußerte mehrmals seine Solidarität mit den Protestierenden, vor allem aber mit den Studenten. Später fand ein Video von hromadske.tv viel Beachtung, welches während der Inauguration von Präsident Petro Poroshenko aufgenommen wurde. Darin wünschte Anatoliy Avdiyevskyi dem ukrainischen Staat, seinem Volk und seiner Gesellschaft eine bessere Zukunft.

Die Intuition, manchmal wirkt sie ja effektiver als Politik, als ausgearbeitete Pläne. Meine Intuition sagt mir, dass die Ukraine bessere Zeiten erwarten. Fest entschlossen – sie hat ja so viel dafür getan und so viel ihres Volkes geopfert, ihrer besten Vertreter und Bürger – glaube ich an die Errichtung ihres unabhängigen, wahrhaftig unabhängigen Staates. Daran glaube ich!

Mit dem Tod Avdiyevskyis geht eine Ära zu Ende. Die ukrainische Folklore hat einen ihrer größten Förderer und Bewunderer verloren, der nie müde wurde die Eigenständigkeit der ukrainischen Sprache und Kultur zu betonen. Beigesetzt wird er, zwischen den Größten seines Landes, auf dem Friedhof Baikove, wo unter anderem auch Lesya Ukrainka, Vasyl Stus, Mykola Lysenko und auch sein Vorgänger Hryhoriy Veryovka ruhen.

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